Auf dem Hof Raestrup informierten sich die Gäste aus Koronowo über die Führung eines Milchwirtschaftbetriebes.

Rund 900 Kilometer östlich der Stever liegt Koronowo - Sendens Partnerstadt in spe. Doch viel näher stehen sich die Landwirte beider Orte: Fast schon "Nachbarn vom Gartenzaun" sind sie angesichts des hüben wie drüben laufenden Strukturwandels sowie der Produktionsbedingungen und der EU-weiten Anforderungen des Marktes. 22 Landwirte aus Koronowo sind zurzeit auf Exkursion in Senden und Umgebung (WN berichteten). Begleitet werden sie unter anderem von Vertretern der Deutsch-Polnischen Gesellschaft und Franz-Josef Lintel-Höping, dem Vorsitzenden des Landwirtschaftlichen Ortsverbandes Senden. Gestern standen unter anderem Besichtigungen des Ferkelerzeugungs- und Schweinemastbetriebes Ludger Althoff, des Milchviehbetriebes Bernhard Raestrup und des Rindermastbetriebes Franz-Josef Lintel-Höping auf dem Programm.

 

"Unsere Gäste interessieren sich für Fragen der Produktionstechnik, der Fütterung und Viehhaltung und für Förderung/Ausgleichszahlungen in der deutschen Landwirtschaft", berichtet Lintel-Höping. Brennendstes Thema sei allerdings die Organisation der Berufsvertretung in Deutschland. "In Polen gibt es an einem Ort manchmal drei oder vier gewerkschaftlich organisierte Berufsvertretungen. Dadurch gibt es keine einheitliches Auftreten, und der Einfluss auf die Politik ist nicht stark genug", macht Lintel-Höping auf ein zentrales Problem seiner polnischen Berufskollegen aufmerksam.

 

Rozek Grzegorz (l.) und Tomasz Krupa gehören zur 22-köpfigen Delegation aus Koronowo.Fotos: -sff-

In Grenzen hält sich in Koronowo auch die genossenschaftliche Zusammenarbeit: "Grundsätzlich haben wir Familienbetriebe. Zusammenschlüsse sind die Ausnahme", berichtet Rozek Grzegorz, stellvertretender Bürgermeister von Koronowo und Betreiber einer Straußenfarm. Beim Einkauf von Hilfsmitteln wie Dünger und beim Verkauf der Produkte arbeite man schon zusammen, um günstigere Preise zu erzielen, ergänzt Tomasz Krupa, der eine Weidenzucht zur Herstellung von Heiz- und Kraftstoffen betreibt (Dendromasse). Während viele Berufskollegen unter dem Druck EU-weiter Wettbewerbsbedingungen ihre Betriebe vergrößern, versuchen sich Grzegorz und Krupa in innovativen Marktnischen.

 

Vor diesen beiden Alternativen zur Existenzsicherung - Wachstum oder Spezialisierung - stünden auch die deutschen Landwirte, bestätigt Lintel-Höping.

 

Viel deutlicher ausgeprägt als in Senden sind in Koronowo die Unterschiede zwischen den Höfen, sind sich Grzegorz und Krupa. Die Betriebsgröße schwanke zwischen wenigen bis über 100 Hektar. Und beispielsweise in der Schweinezucht gebe es recht rückständige Betriebe mit etwa 100 Tieren sowie moderne Großbetriebe mit rund 3500 Tieren. Und trotzdem würden, so Grzegorz, rund 95 Prozent der Höfe im Vollerwerb betrieben. Im Münsterland, so schätzt Lintel-Höping, liege die Quote bei etwa 50:50.

 

Westfälische Nachrichten, 12.06.2007